Die Zivilbeschäftigten des Standortes Augsburg übten eine Vielfalt von Berufen aus. Eine überwiegende Zahl der Jobs diente dem Unterhalt der baulichen Infrastruktur sowie der Aufrechterhaltung der Truppenbereitschaft. Aber auch im sozialen wie kulturellen Bereich gab es Tätigkeiten, die einen Bogen vom Barkeeper bis hin zur Pressejournalistin spannten. Eine dieser Arbeitsstellen nahm Amanda Nebel Anfang der 1960er Jahre im Sheridan Service Club wahr. Mit einem Studium an der Kunsthochschule Augsburg gerüstet, lehrte sie in dem später so genannten „Recreation Center Bldg 112“ jungen Soldaten künstlerische Arbeiten wie Töpfern, Lederarbeiten, Mosaiksteinkunst und ähnliches.
Das Recreation-Programm der U.S. Army sollte den GIs eine sinnvolle Freizeitgestaltung ermöglichen und sie vom Besuch einschlägiger Nachtlokale mit Alkoholkonsum und Drogen abhalten. Parallel dazu gab es Sportbetätigung, Kasernenclubs, eine Bücherei, Kinos und anderes. Es war das Jahrzehnt der 24th Infantry Division. Amanda Nebel unterrichtete im Keller von Bldg 112 (Sheridan Kaserne) mit großer Begeisterung ihre Fertigkeiten des Kunstgewerbes. Gleichzeitig war dies ein transatlantischer Brückenschlag zwischen dem einstigen Besatzer und dem Besiegten. Durch ihn konnte nicht nur ein kultureller Austausch statt finden, er sollte auch die fremden Soldaten vor Heimweh, Kasernentrübsal und Entgleisung bewahren.
Mit den zivilen Arbeitsplätzen fand bisweilen eine Verlagerung des Familienlebens statt. So nahm Amanda Nebel ihre kleine Tochter im Alter von fünf bis neun Jahren jeden Nachmittag an ihren Arbeitsplatz in der Kaserne mit. Dort konnte das Mädchen ihre Schularbeiten machen und stand unter der Aufsicht der Mutter. Am Abend holte sie ihr Vater nach Arbeitsende wieder ab, während Frau Nebel bis spät in der Nacht ihren Aufgaben im Service Club nachkam. Natürlich gab es auch freie Tage, die in der Familie besondere Wertschätzung erfuhren.
Die zwangsläufige Einbindung von Kindern in das amerikanische Garnisonsleben war nicht selten. So berichteten z.B. Augsburger Bürger, wie sie einst von ihren Müttern an die Putzstellen der US-Wohnungen (Housings) mitgenommen wurden. Auf diese Weise erfolgten neben der Kinderaufsicht frühzeitige Amerikanisierungen, langlebige Kontakte und sogar englisch-sprachliche Förderungen. Die „Zivilbeschäftigten-Kinder“ wurden so zum Multiplikator zwischen ihrem deutschen Heimatland und des „American way of life“. Ein Stück Stadtgeschichte, das bislang viel zu wenig Beachtung fand.
Die Arbeit von Frau Amanda Nebel endete jäh durch ihren plötzlichen Tod. Ihre Tochter stellte uns nach 50 Jahren Erinnerungsfotos zur Verfügung und läßt auf diese Weise die Zeit der Soldatenbetreuung durch deutsche Zivilbeschäftigte neu aufleben. Wir danken für diese Unterstützung!
Siehe auch: Standort Augsburg > Einrichtungen/Bauwesen > Sheridan Recreation Center.
Reihe oben: Frau Nebel im Teamwork mit den amerikanischen Soldaten. In der unteren Reihe Beispiele der dort angefertigten Kunstwerke.
Historische Fotos: Privat. Farbbilder: Amerika in Augsburg e.V.