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Flugplatz Haunstetten

 

Nach mehreren alliierten Bombardements allein zwischen Februar 1944 und Februar 1945 lag der Augsburger Messerschmitt-Flugplatz am Nordrand von Haunstetten weitgehend in Trümmern. Die Ära der Augsburger Luftfahrtgeschichte war zumindest vorerst am Ende. Mit dem Abflug von Hermann Göring am 21. Mai 1945 in ein luxemburgisches Sammellager für Nazigrößen beendeten die Amerikaner auch die leidvolle Geschichte der NS-Herrschaft von Augsburg aus. Göring war damals kurzfristig im Augsburger Stadtteil Bärenkeller unter amerikanischer Bewachung untergebracht.

Nach einer Zwischenlandung am 18. Juli 1947 nahmen Militärgouverneur General Clay und US-Botschafter Murphy in der ehem. Luftnachrichtenkaserne (später "Sheridan") eine Truppenparade des dort anwesenden 5th Constabulary Regiments ab. In den Aufzeichnungen der damaligen Militärregierung waren 1948 auf dem Messerschmitt-Flugplatz die Constabularys (Besatzungspolizei) mit einer Pilotenschule, einem Pistolen-Schießplatz, einem Munitionsdepot und einem "Air Strip" registriert. Ab 1952 schon konnte auf dem Südteil des Flugplatzes ziviler Segel- und Kunstflug erfolgen. 1953 wurde vor 50.000 Zuschauern der erste Nachkriegsflugtag auch mit den anwesenden Amerikanern abgehalten. In einem Schreiben vom 18. September 1950 erlaubte Maj. Gen. USAF James P. Hodges allerdings nur das Fliegen von Spielzeug-Segelflugzeugen, und die Bildung von Vereinigungen (wie Segelflugsportvereine) müssten auf gesellige Bestrebungen begrenzt sein.

 

                 Die Messerschmitt-Werke in Trümmern: Blick von Süden zum Verwaltungsgebäude

 

Neubeginn in Haunstetten

Der auf 493 Meter Meereshöhe gelegene Flugplatz an der Haunstetter Straße (Geographische Lage 48°20´N; 10°54´E) wies zwei Grasbahnen mit 1000 und 650 Meter Länge und Breiten von 60 bzw. 50 Meter auf, die größere Bahn war gekennzeichnet. Mit der Gründung der Augsburger Flughafen GmbH im Jahr 1956 und ihren Zulassungsmerkmalen "Fallschirmspringersport, Segelflug, Hubschrauber- und Luftschifflandeplatz, gewerblicher und nicht gewerblicher Flugverkehr sowie Modellflugbetrieb" erfolgte ein Paralleldasein mit den im Nordteil des Flugplatzes ansässigen US-Truppen. Diese hatten sich dort in einer unbeschädigten Flugzeughalle nebst hinzugebautem Tower an der Haunstetter Straße eingerichtet und waren berechtigt, in Notfällen oder bei militärischen Erfordernissen den zivilen Flugverkehr einzustellen. Ein kleiner ziviler Kontrollturm befand sich im Süden des Platzes. Ansonsten finden sich in einer Benutzungsordnung von 1960 kaum Aussagen zum US-Betrieb. Zugelassen waren Maschinen bis 5700 kg Gesamtgewicht. Die Landung eines Flugzeuges von 1,2 bis 1,4 Tonnen kostete damals eine Gebühr von DM 1,50. Eine Nachtflugerlaubnis gab es nicht. 

Obwohl der Flugplatz offiziell bis 1956 von den US-Truppen beschlagnahmt gewesen sein soll, hatten es die Amerikaner 1945 wie verlautbart versäumt, der Stadt Augsburg als Grundstückseigentümerin eine amtliche Beschlagnahmeverfügung zuzustellen. Selbst die Messerschmitt-Werke zahlten der Stadt eine Benutzungsgebühr für ihre Flugtätigkeiten. Nach Erteilung der Souveränität 1955 wären die Amerikaner demnach nur noch Gäste auf dem Haunstetter Flugfeld gewesen. Darin erhoffte sich die Stadt Augsburg die Machtvollkommenheit über den größten Teil des Fluggeländes, um später den zivilen Flugplatz weiter ausbauen zu können.

 

                                                      1956: Neues Leben "auf Haunstetten"  

 

                                                   Wartungshalle an der Haunstetter Straße

 

Hubschrauber kommen

Doch 1956 installierte die im Februar anrückende 11th Airborne Division ihre 11th Aviation Company auf dem ehemaligen Messerschmitt-Flugplatz. Diese Einheit hatte kleine einmotorige Flugzeuge von Typ Beaver oder Big Otter sowie zweimotorige L-23 Maschinen. Weit auffälliger jedoch waren die Hubschrauber, insbesondere die große rundbauchige Sikorsky H-34, mit denen sowohl die Fallschirmspringer der "Elften" als auch ab 1958 die 24th U.S. Infantry Division bis Anfang der 60er Jahre ihre militärische Präsenz demonstrierten (24th Aviation).

Die zunächst noch informelle Stationierung der großen Sikorskys verursachte im ersten Halbjahr 1957 einen regelrechten "Hubschrauberkrieg" zwischen der Augsburger Kommunalpolitik und dem kommandierenden General Harris von der 11th Airborne Division. Dieser Disput eskalierte letztlich bis zum Bundes-Verteidigungsministerium und amerikanischen Hauptquartier in Deutschland, da keinerlei Zugeständnisse auf beiden Seiten zu erringen waren. Die Bedenklichkeiten reichten von der Ruhestörung durch die zu erwartenden Hubschrauber über Sicherheitsbefürchtungen bis zu den Einschränkungen der kommunalen Flugplatzverfügung. Die innerstädtische Politik unter OB Pepper gipfelte in der Vorgabe "alles zu tun, was geeignet ist, um die weitere Benutzung des Augsburger Flugplatzes durch die US-Armee zu verhindern".

Auch der damalige Flugleiter Kaden dachte nicht daran, seinen Platz auf dem Flugplatz zu verlassen. Zusätzliche Brisanz erhielt die Auseinandersetzung mit der bevorstehenden atomaren Ausrüstung der 11th Airborne Division. Man befürchtete gesundheitliche Auswirkungen bei einer Lagerung im Munitionsdepot Siebentischwald und sah sich im militärischen Ernstfall des kalten Kriegs als primäre Zielscheibe eines kommunistischen Gegenschlags.

30 Hubschrauber waren zunächst vorgesehen, für den 17. April 1957 fand dann die Stationierungsankündigung von definitiv 20 Maschinen statt. Aber auch diese kamen (noch) nicht. General Harris verständigte sich auf einer Ebene, Haunstetten Airfield nur auf einen Abstellplatz mit Reparatur und Wartung zu beschränken und militärische Einsatzübungen ausschließlich in Gablingen durchzuführen, wogegen sich auch die dortigen Anwohner bald wehrten. Ein Hubschrauber-Zusammenstoß in der Flak Kaserne Ende April 1957 heizte die Debatte um die Helikopter zusätzlich an.

Der Übergang von temporärer zu stationärer Anwesenheit war fließend und ist heute nicht verläßlich verfolgbar. Die "Amis" flogen einfach. Während sich die Anwohner des Stadtteils Hochfeld über die Flugtätigkeiten unentwegt empörten, traten im Februar 1958 dann doch endlich geordnete und rechtlich fundierte Verhältnisse im Rahmen des geltenden Truppenvertrages ein, die von gegenseitigem Interesse getragen wurden.

Trotz angeordneter Flugrouten fanden aber immer wieder einzelne Provokationsflüge statt, wie von einem Hubschrauber, der längere Zeit am Abend des 6. August 1959 die Freilichtbühnenaufführung am Roten Tor störte. Deshalb hörte eine einzige Frage in Augsburg nie auf: Wie bringen wir die Amerikaner vom Flugplatz weg? Sogar die Gewerkschaften der deutschen Arbeitnehmer sorgten sich um das Ruhebedürfnis der Augsburger Schichtarbeiter, vor allem die der Messerschmitt-Werke. Währenddessen führte die Army zweifelhafte Lärmbefragungen in der umgebenden Bevölkerung durch, um sich ein Alibi über die Relativität der Ruhestörungen zu verschaffen.

 

                                      Von den Anwohnern befürchtet: die Hubschrauberinvasion

 

                                                  1956 bis 1958 präsent: die "11th Airborne"

 

                                       Sikorsky H-34 auf dem weiten Flugfeld von Haunstetten

 

Dennoch - bei den Flugtagen in den Jahren 1959 bis 1962 strömten dann alljährlich bis zu 10.000 Augsburger auf "ihren Messerschmitt-Flugplatz" und bestaunten die kunstvollen Flüge der US-Hubschrauber. Es gab sogar einen als Clown angemalten Kleinhelikopter (H-13 Sioux), der bei den Kindern ganz groß herauskam. Selbst der Weihnachtsmann ließ es sich damals nicht nehmen, mit dem Hubschrauber alljährlich die Augsburger Kinder zu beschenken. Und mancher Augsburger Knabe wollte da später einmal unbedingt Hubschrauberpilot bei den Amerikanern werden. 

Spektakel ganz anderer Art waren zahlreiche Truppenparaden in den frühen 50er Jahren, meist zur Verabschiedung von Kommandeuren oder ganzer Verbände. So erfolgte am 25. Mai 1954 eine große Parade zur Umbenennung der 43rd Infantry Division in 5th Infantry Division, bei der 11 Generäle einem einstündigen Vorbeimarsch von 8.000 GIs beiwohnten. Zur Verabschiedung des kommandierenden Generals Derrill M. Daniel und zur Begrüßung des neuen Befehlshabers General Major Hugh P. Harris bot das "Shield of Bavaria" (11th Airborne Division) sogar 10.000 Mann auf dem Haunstetter Flugplatz auf. Und stets durften tausende Augsburger diesen militärischen Aufmärschen zusehen. 

Im Frühjahr 1964 war nach 19 Jahren endgültig Schluß auf dem "Haunstetter Airfield". Es war der Weg frei sowohl für einen neuen außerhalb gelegenen Augsburger Flugplatz wie für eine großräumige Wohnbebauung des Flugplatzareals und der Errichtung der Augsburger Universität.

Bei der Lesung der vielen Zeitungsberichte aus dieser Zeit wurde eines klar: ganz klar war dort auf dem Haunstetter Flugplatz offensichtlich nie etwas. Es war ein kurioses Stück Militärgeschichte im Schatten des Ost-West-Konflikts, amerikanisch und augsburgisch geprägt.


(Quellen: Schwäbische Landeszeitung, Flugplatz-Benutzungsordnung von 1960, u.a.)

 

                                                1962: Sikorsky H-19 der 24th Infantry Division

 

Dienstszene an einem Sikorsky-Hubschrauber der 24th Infantry Division. Foto: Sammlung Walter Elkins.

 

 

Skyline des Army Airfields mit dem Verwaltungsgebäude des ehemaligen Messerschmittwerkes und dem Tower im Hintergrund. Foto: Sammlung Walter Elkins.

 

 

                                                        Letzte Spuren 2008: alte Flugfelder

 

    Für die historischen Fotos danken wir: Azie L. Magnusson, Dillon Prendergast, Hans Wohlmuth.

 

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